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Zu Beginn eines neuen Jahres bietet es sich an, sich selbst zu fragen: „Was erwarte ich im Bereich MarTech-Technologie für 2023? Welche Technologien werden die MarTech-Welt das kommende Jahr weiterhin, erneut und ganz neu beschäftigen?“ Deshalb wählten wir für Sie 7 MarTech-Vorhersagen für 2023 aus.
Diese Fragen versuchen wir im Folgenden zu prognostizieren. Und dies basierend auf verschiedenste Eindrücke aus Beratungsprojekten, unserem Austausch mit Software-Anbietern und unseren eigenen Recherchen aus dem Jahr 2022.
In diesem Artikel blicken wir gemeinsam auf unsere Trend-Prognosen zu:
- KI und Chatbots
- Personalisierte Videoinhalte
- Contextual Targeting in cookiefreien Browsern
- Social Selling
- Das Metaverse
- Stimmsynthese
- No-Code und Low-Code
Aber Achtung: Im Gegensatz zu vielen anderen denken wir, dass sich jedes Unternehmen ganz individuell zu diesen Themen Gedanken machen muss. Wir helfen natürlich sehr gerne dabei.
#1 KI und der Chatbot
Kunden sehen Marken immer mehr als eine „Einheit“, mit der sie ein echtes Gespräch führen können, sei es durch Engagement in sozialen Medien oder durch Chatbots.
Nutzer wollen zunehmend direkt mit den Marken interagieren, die sie lieben. Dabei ist es egal, ob es sich um Support, Lob oder Kritik handelt.
Dies wurde besonders während der Corona-Pandemie deutlich, als das Volumen der Interaktionen mit Chat-Plattformen von Unternehmen in vielen Branchen um bis zu 250 % anstieg.[1]
Wir prognostizieren, dass sich das Conversational Marketing diesen Trend zunutze machen und den Nutzern das gewünschte Erlebnis der Interaktion bieten wird. Ein großer Teil davon wird darin bestehen, neue Kommunikationswege zu Kunden zu eröffnen, insbesondere über Messaging Dienste wie WhatsApp.
Es gilt auch zu beobachten, wie intelligente Chatbots wie ChatGPT, die gerade einen großen Hype erfahren, sich entwickeln. Große Tech-Giganten haben diese Entwicklung bereits aufgegriffen und planen, intelligente Chatbots in ihre Produkte einzubinden. So plant beispielsweise Microsoft, ChatGPT in seinen Office Lösungen zur Verfügung zu stellen.
#2 Personalisierte Videoinhalte werden weiter an Bedeutung gewinnen
Eine weitere wichtige Entwicklung ist der Einsatz von Videoinhalten im Marketing. Bereits im Jahr 2022 enthielten 82 % aller Online-Aktivitäten eine Form von Videoinhalten. 96 % der Verbraucher sehen sich beispielsweise Erklärvideos an, bevor sie ein Produkt kaufen und Werbetreibende stellen fest, dass Videoanzeigen im Vergleich zu statischen Anzeigen deutlich höhere Klickraten erzielen.[2]
Die Sache hat jedoch einen Haken: Über 80 % aller „skipbaren“ Videos werden übersprungen. Vor allem solche, die länger als 15 Sekunden dauern.[3] Aus diesem Grund sollte der Fokus darauf liegen, eine höhere Video-Conversion-Rate und nicht nur eine große Anzahl von Aufrufen zu erzielen.
Daher prognostizieren wir, dass personalisierte Videoanzeigen in kurzer Form im Jahr 2023 ein wichtiger Marketingtrend sein werden. Nutzer sind eher bereit, sich mit Inhalten zu beschäftigen, die weniger als 15 Sekunden lang sind. Eine These, die sich schnell stützt, wenn man den Erfolg von TikTok und Instagram Reels bedenkt – die erfolgreichsten dieser Kurzvideos weisen selten eine deutlich längere Laufzeit auf.
Die Personalisierung von Videoanzeigen für eine Zielgruppe steigert die Abschlussraten um durchschnittlich 85 %. Das bedeutet, dass Lösungen wie personalisierte Videomarketing-Tools, Inhalte dynamisch nach den Präferenzen der Nutzer auswählen und anzeigen müssen, um Marken dabei zu helfen, die Nutzer für Videoinhalte zu begeistern. Inwieweit positive Beispiele im B2B dazu eine grundsätzliche Aussage erlauben, ist 2023 zu verifizieren.
#3 Contextual Targeting wird eine immer wichtigere Strategie werden
Die „cookiefreie“ Zukunft nähert sich mit immer größeren Schritten – noch ist aber nicht klar, wann das der Fall sein wird. Laut Google ist Q2 2024 das Ziel. Ab dann ist Schluss mit 3rd Party Cookies in Google Chrome. Das Ergebnis? Rund 60 % des weltweiten Web-Traffics wird damit cookiefrei sein.[4]
Das bedeutet, dass Marken nach neuen, datenschutzfreundlichen Wegen suchen müssen, um Nutzer zu erreichen und Informationen über diese zu gewinnen.
Viele erfinden dabei das Rad nicht neu, sondern greifen auf eine lange bekannte Technik zurück – das kontextbezogene Targeting.
Durch neue Technik wie KI und Deep Learning ist es für Nutzer einfacher denn je vorherzusagen, mit welchen Inhalten sich ein Webseitenbesucher beschäftigen möchte.
#4 Social Selling
Immer stärker im Trend liegt Social Selling – also das Schaffen eines Kauferlebnisses für Kunden direkt über deren liebste Social Media App. Social Selling erstreckt sich dabei auf alle Social Media Plattformen, egal ob Facebook, TikTok, LinkedIn oder auch Pinterest. Social Selling ist 2022 angekommen – in Deutschland kauften 42 % aller Online-Shopper bereits einmal über Social Media ein.[5]
Der große Vorteil von Social Selling ist dabei die Integration aller Vertriebskanäle an einem Ort. Die Werbung, die Informationsbeschaffung zu einem Produkt, der Kaufprozess und Check-Out finden in einer Social Media App statt.
Wir prognostizieren daher die immer stärkere Verwebung von eCommerce mit Social Media Anwendungen für 2023. Wichtig ist dabei jedoch, dass Social Selling nur funktioniert, sofern eine Marke starke und nachhaltige Kundenbeziehungen aufbaut. Social Selling ist damit nicht einfach nur ein Trend, den es auszuprobieren gilt. Social Selling ist stark mit der Markenbildung eines Unternehmens verwoben und somit vielmehr ein Teil der Zukunftsstrategie.
#5 Metaverse – (AR und VR liefern Momentum)
In seinem Hype Cycle für Technologien[6] benennt Gartner Metaverses als eine von 25 Technologien, die man kennen muss.
Für Gartner ist ein Metaverse ein “kollektiver, virtueller, gemeinsamer 3D-Raum, der durch die Konvergenz, der virtuell erweiterten physischen und digitalen Realität entsteht. Ein Metaverse ist beständig und bietet erweiterte immersive Erfahrungen“.
Gartner geht davon aus, dass Metaverses geräteunabhängig zugänglich sind und nicht von einem einzigen Anbieter kontrolliert sein werden.
“Metaverses werden eigene virtuelle Ökonomien aufbieten, in denen digitale Währungen und Non-fungible Tokens (NFTs) eine Schlüsselrolle spielen.” Gartner prognostiziert, dass bis 2027 über 40 Prozent aller Unternehmen „digitale Zwillinge“ ihrer Produkte in einem der Metaverse anbieten werden.
Der Weg in das Metaverse wird besonders durch die Verwendung von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) vorbereitet. So ist Snapchat, eine Tochterfirma des Meta-Konzerns, ein Vorreiter in diesem Bereich und stellte für den jüngsten Blockbuster Film „Avatar“ sowie die vergangene Weltmeisterschaft AR-Lenses für seinen Nutzer bereit.
Deshalb prognostizieren wir, dass der Weg in das Metaverse noch an seinen Anfängen steht, aber VR und AR dazu beitragen, ein stärkeres Erlebnis mit einer Marke zu schaffen, dass die Kunden bindet.
#6 Stimmsynthese
Die Zukunft der Stimmsynthese liegt in der KI. Jeder kennt die unangenehm verzerrten computergenerierten Stimmen für Telefonansagen oder in alten Navigationsgeräten. Eine Verbesserung dieses Zustandes ist bereits seit mehreren Jahren im Gange und hat sich in den letzten 12 Monaten besonders rasant fortgesetzt.
Das zeigt sich in einem Pilotprojekt von RTL und Microsoft zur Synthetisierung von Stimmen. Die erzeugten Stimmen klingen nun so natürlich wie noch nie zuvor.
Die Technologie basiert auf einem Deep Learning Algorithmus, der aus vorgegebenen Audiomaterial lernt. Dadurch wird die Synthese immer realistischer und lebensechter. Das Ergebnis ist eine Stimme, die so natürlich klingt, dass man fast glauben möchte, es handle sich um einen Menschen. Dabei waren nur mehrere Stunden Material für das Training der KI notwendig.
Für die Zukunft prognostizieren wir, dass solche Tools bei der Erstellung von personalisierten Medienangeboten eine wichtige Rolle spielen werden. Auch in der Medienwelt können synthetisierte Stimmen beispielsweise Journalisten oder Audio-Sprechern mehr Zeit für die Recherche verschaffen, anstatt in der Aufnahmebox zu stehen.
#7 Ein alter Bekannter bleibt – No Code und Low Code
In den letzten Jahren ist ein neuer Trend für die Entwicklung und das Customizing von Software aufgekommen aufgekommen: Low Code und No Code Programmierung.
Dieser Trend ermöglicht es Anwendern, ihre Ideen und Wünsch schneller umzusetzen, indem sie vorgefertigte Software-Komponenten nutzen. Beispielsweise kann so über Drag&Drop Funktionen ein User Interface oder eine Website einfacher nach eigenem Wunsch angepasst werden. Dadurch können sich Software-Projekte in kürzerer Zeit realisieren lassen und müssen nicht auf komplexe Code-basierte Lösungen zurückgreifen, für welche ein aktuell schwer zu bekommendes Fachpersonal benötigt wird.
Allerdings ist Low Code und No Code nicht für jeden geeignet. Tiefgreifende und spezifische Änderungen an einer Software benötigen nach wie vor Software-Entwickler. Besonders, um langfristig ein eigenes Know-How zu den verwendeten Tools aufzubauen.
Ein Fazit: Achtung bei Trends – nicht alles, was glänzt, ist Gold
Geht es um Trends bleibt noch eins, das uns zu betonen wichtig ist:
Trends liegen nicht im Keller oder warten, bis sie zum Jahreswechsel wachgeküsst werden.
MarTech Trends sind nicht wie Kartoffeln, die im Keller liegen und auf ihre Verarbeitung warten. Im Gegensatz zu eben genannter Kartoffel gibt es bei Trends keine „Erfolgsgarantie“ oder “Rezepte“ zur Umsetzung.
Trends sind viel komplexer sowie für jeden Anwender individuell zu bewerten und entstehen über einen längeren Zeitraum. Über diese Zeiträume können Trends durch technische Durchbrüche, eine Eigendynamik oder eine Medien-Blase ein unterschiedliches Tempo entwickeln.
Ein praktisches Beispiel ist dabei das Thema KI. Dieses ist an sich als Begriff schon lange bekannt. Jedoch entstehen immer wieder neue Hypes um einzelne Facetten von KI, wie jüngst um ChatGPT, einem auf KI aufbauenden Dialogsystem.
Die Technik hinter ChatGPT ist genial und faszinierend zugleich. Einige Fragen (z.B. urheberrechtliche) sind noch ungeklärt. Jedoch ist eines klar: Der Nutzen dieser Technik ist für jedes Unternehmen unterschiedlich. Deshalb muss sich jedes Unternehmen fragen, ob diese Technik zu ihm passt und ob die nötigen Grundlagen im eigenen Unternehmen geschaffen sind, um einen solchen Trend erfolgreich im eigenen Unternehmen einzusetzen.
Wenn Sie Fragen zu den o.a. Möglichkeiten haben, laden wir Sie herzlich zu einem Gespräch ein.
[1] https://financesonline.com/live-chat-software-statistics/
[2] https://www.tubefilter.com/2013/06/10/skippable-online-video-ads-percentage-completion-rate/
[3]https://blog.hubspot.com/marketing/state-of-video-marketing-new-data
[4]https://gumgum.com/blog/the-cookieless-future
[5]https://www.beyond-print.de/trends-auf-social-selling-folgt-social-commerce-aber-was-ist-das-eigentlich/
[6]https://www.gartner.de/de/artikel/was-ist-neu-im-hype-cycle-2022-von-gartner-fuer-neue-technologien