Im ersten Teil des Audits definieren wir die wichtigsten 20 oder 30 Variablen, die für das Unternehmen besonders wichtig sind. Es macht in der Regel keinen Sinn, dass man alle in den Kundendaten vorhandenen Variablen anschaut. Das wäre eine Herkules-Aufgabe.
Tipp aus der Praxis: Selbst Felder, die normalerweise durch Auswahlfelder keine Freiheit bei der Eingabe besitzen, sollte man analysieren. Warum? Oft wurden durch mehrfache Migrationen aus Alt-Systemen Feldinhalte übernommen, die den aktuellen Regeln nicht mehr entsprechen, aber eben drin stehen – und meist falsch oder veraltet sind.
Was sind wichtige Daten, die einem Kunden direkt zugeordnet werden können: Bei Personen ist das z.B. das Alter bzw. Geburtsdatum, Adels- oder wissenschaftlicher Titel, der Beruf, die Position, die Anrede, das Geschlecht, Segment-Codes und viele mögliche mehr.
Bei Unternehmen wäre das z.B. die Rechtsform, Landcode, Codes für Bundesland, Sprache, Währung, Customer- und Segment-Codes, welchem Vertriebsgebiet ist die Firma zugeordnet, welcher Mitarbeiter der eigenen Firma ist dieser Firma bzw. dem neuen Ansprechpartner zugeordnet, ist es ein Key-Account-Kunde, etc.
Ist das Feld Homepage gefüllt? Kann man das aus der E-Mail-Adresse ableiten? Sind die Branchencodes alle korrekt gepflegt? Gibt es einen Verweis zur Schwester-, Tochter oder Muttergesellschaft? und viele mögliche mehr.
Nun spielt man diese Variablen in einen Flatfile und lässt Standard-Analysen drüber laufen.
Das ist zum einen eine Auszählung nach „Häufigkeit der Ausprägungen“ (Frequency). In Alphanumerischen-Feldern findet man nun die herrlichsten Ideen, wie eigentlich identische Feldinhalte auf die unterschiedlichste Weise geschrieben werden. In numerischen Feldern stehen oft Werte drin, die normalerweise hier nicht stehen dürften.
Bei numerischen Feldtypen macht durchaus auch eine Mittelwertberechnung Sinn. Dabei erkennt man schnell Ausreißerwerte. Gibt es Fehlprogrammierungen oder falsche Auswahlllisteninhalte oder Datenübernahmen aus dem Testsystem die die Qualität entsprechend beeinflussen.
Das Schöne an dieser Analyse ist: Man erkennt, an welcher Stelle die Erfassungsregeln nicht eingehalten werden. Man sieht auch, welche Prozesse noch nicht rund sind.
Unser Leitspruch: Zeig mir Deine Daten und ich sage wer Du bist bzw. wie gut Du misst!
Data Quality Management (DQM): Adress- und Datenqualität ist eine Management- bzw. Führungsaufgabe
Ja, diese Aufgabe ist eine sehr wichtige Aufgabe für das Management. Es geht eben nicht allein nur um IT-Systeme. Wenn die Mitarbeiter nicht wissen, warum und wofür sie das machen oder neue Anreize existieren, Daten in das System zu pflegen, funktioniert das nicht. Nur, wenn die Mitarbeiter es wissen, dann Achtsamkeit walten lassen, sind Sie mit Ihrem Unternehmen erfolgreich.
Es geht – wie schon gesagt – zum einen darum, dass jemand für das Thema im Unternehmen die Verantwortung übernimmt. Der sich als Leader und Kümmerer zu diesem Thema zeigt, der laufend darauf achtet, dass die Qualität hoch bleibt.
Zum anderen ist eine dauerhafte Qualität nur durch KPIs zu steuern. Diese sind damit auch in Zielvereinbarungen eingebunden. So kann das Management- und Führungsteam erkenne, ob man in die richtige Richtung steuert, die Qualität sich sukzessive steigert und das Reporting damit automatisch besser wird.
Eine Erklärung und Motivation, warum Daten- und Adressqualität so wichtig ist, gehört natürlich auch dazu. Warum soll ein Außendienst-Mitarbeiter die bei im Kopf befindlichen Datenschätze in ein CRM eingeben. Was hat er davon? Was haben andere davon? Warum kann er sich selbst dadurch besser steuern? Wie kann ihm durch Automatisierung von Aufgaben auf Basis guter Daten seine Arbeit erleichtert werden? Welche Aufgaben sollten gemeinsam für ein integriertes Datenqualitätsmanagement erfolgen?
Eine Führungsaufgabe ist dieses Thema Data Quality Management auch deshalb, weil …
Adress- und Daten-Qualität ist kein Kostenfaktor, sondern ein Wertschöpfungsfaktor!
Datenpflege und Data Quality muss zur Unternehmenskultur werden. Es braucht eine unternehmerische Haltung jedes Mitarbeiters, dass bestimmte, ausgewählte Daten für das Unternehmen extrem wichtig sind. Ohne Wenn und Aber.
Data Quality: Kennzahlen im Bereich Daten- und Adressqualität
Kennzahlen sind beispielsweise „Anzahl Adressen vollständig gefüllt“, „Datum letzte Bestätigung“, „Datum letzte Korrektur“, „Anzahl Postrückläufer“, „Anzahl aktuell nicht bewerbbare Adressen“ etc. Alle Kennzahlen sind – nach Segmenten geordnet – interessant, da die guten Kunden eher häufig angeschrieben werden und damit eine regelmäßige Bestätigung oder Korrektur stattfindet. Bei weniger guten Kunden (geringer Kundenwert) ist damit ein anderer Aufwand zu betreiben. (Siehe auch „Bewertung von Adressen im Unterkapitel „CRM-Cockpit“)
Wir definieren zum Einstieg ein paar einfache, wichtige KPIs bzw. Kennzahlen.
- Anzahl Postretouren bzw. Mailingrückläufer
- Anzahl Soft-Bounces und Anzahl Hard Bounces
- Anzahl Päckchenretouren
- Je wichtiges Feld gibt es die Kriterien
- „Füllgrad in %“
- Inhaltliche Qualität ist „gut“, „mittel“ oder „schlecht“
Jetzt kann man je Land, je Gebiet oder Zielgruppe die KPIs noch erweitern oder verfeinern. Aber zuallererst sind die jüngsten Interessenten, die aktiven Kunden sowie die jüngst passiv gewordenen (schon länger nicht mehr bestellt) Kunden zu bereinigen und auf hohem Niveau zu halten.
Diese KPIs kann das Unternehmen im Reporting, in einer Business Intelligence (BI)-Anwendung den Anwendern zum Monitoring zur Verfügung stellen.
Data Quality – Ausblick:
Daten sind das neue Öl. Diesen Satz hört man immer öfters. Aber zuerst, bevor die Ölquelle angezapft, eine hohe Qualität erreicht wird oder KI-Analysen durchgeführt werden können, muss die Basis geschaffen – der Datenbestand bereinigt – werden. Viele reden über Big Data. Ja, die Masse der Daten nimmt immer mehr zu. Aber Big Data ist am Anfang gar nicht das Problem.
Die Aktualität der wichtigsten Daten ist die Herausforderung!
Erst, wenn das Unternehmen sich den vielen möglichen externen Anreicherungen und vielen eigenen Daten (im Webshop, Logfile der Webseite, Social Media …) widmet, dann ist Big Data angesagt. Aber auch hier darf man den (Daten-)Berg nicht als Ganzes betrachten und versuchen auf einmaal zu besteigen.
Das Unternehmen sollte sich auf diejenigen Daten konzentrieren, die vermutlich den höchsten Mehrwert bringen. „Viel hilft viel“, war und ist leider immer der schlechteste Ratgeber auf dem Weg zur höheren Adressqualität.
Wo die wichtigsten Daten liegen, ist grundsätzlich erst mal fast egal. Je weniger Quellen umso besser. Aus der Blissfully-Studie wissen wir, dass es leider dann doch viel zu viele Cloud- bzw. Saas-Anwendungen gibt. Die Daten sind weit verstreut bzw. in Silos versteckt, kaum jemand hat einen Überblick.
Ob im CRM, im ERP, im E-Commerce oder auf einer Data Management Platform (DMP) – on-premise oder in der Cloud. Hauptsache man hat einen einfachen Zugriff bzw. kann die extrahierten und bereinigten Daten einfach zurückspielen. Die Daten sollten veredelt werden. Die Mitarbeiter durch Ziele an der Veredelung beteiligt werden.
Auch das Modethema Digitale Transformation funktioniert nur, wenn nachhaltig, gute Datenqualität (perfect Quality) vorliegt. Für die Transformation benötigt man Verlässlichkeit, sollte schlechte Daten bzw. schlechte Datenqualität vermeiden, optimiert laufend die wichtigsten Daten.
Diese Aufgaben dauern oft 6-9 Monate, aber sie lohnen sich. Denn nach kurzer Zeit existiert eine optimale Datenqualität, ein ROI für diese Investition ist garantiert und schnell erreicht. Das haben wir bisher in jedem der Projekte nachgewiesen. Und zum anderen spart man Budget bei den Aussendungen ein, das Reporting und die Entscheidungen werden besser, man vermeidet Kosten und hat deutlich mehr Umsatzchancen.
Daten- und Adressqualität ist ein erfolgskritischer Faktor. Genauigkeit ist eine Pflicht. Schon allein wegen der DSGVO. Heute ist das schon so. Und in Zukunft mehr denn je. Allein die DSGVO verpflichtet jedes Unternehmen zur absoluten Aktualität.
Wie schon geschrieben, Automatisierung in Marketing, Vertrieb und Service oder KI-Analysen und -Prognosen funktionieren nur, wenn die Daten sauber sind. Und letztendlich ist das Management dafür verantwortlich die Aufgabenzuordnung, die operativen Aufgaben sowie die Steuerung dafür übernehmen.
Fazit: Adressqualität ist kein Kostenfaktor, sondern ein Wertschöpfungsfaktor!
Weitere Informationen, weiterführende Literatur, wer schreibt außer uns noch über dieses spannende Thema:
- Sicherlich die Tools und Solution-Anbieter auf unserer Landscape.
- Marco Geuer auf seinem Blog Business-Information-Excellence
- Das Schweizer Unternehmen bzw. Institut CDQ aus St. Gallen sowie deren Versuch einer Business-Case-Kalkulation
- Die Adressfactory der Deutsche Post AG sowie alle dazugehörigen Tochtergesellschaften
- Vortrag eines Professors zum Thema Datenqualität und Beurteilung mit „R“
- Ein HBR-Artikel zum Thema künstliche Intelligenz, maschinellem Lernen (Machine Learning) und schlechter Datenqualität