Wie stellen Sie nun innerhalb der Datenqualitätsmanagement-Aktivitäten die Adressqualität fest? Wir haben hierzu eine einfache Methode entwickelt. Was sind die wichtigsten Maßnahmen? Führen Sie bitte folgende, einfache Prüfungen durch:
Schritt eins – Sichtprüfung
Sie übernehmen aus einem zusammenhängenden PLZ-Gebiet (am besten ist eines, in dem Sie sich persönlich gut auskennen) alle vorhandenen Adressen (Kunden, Interessenten, Gewinnspiele, Kundenserviceanfragen etc.) in eine Excel-Datei. Eine Anzahl von z.B. ca. 5.000 Adressen ist schon ausreichend. Bevor die Prüfung beginnt, fügen Sie eine oder mehrere Spalten ein, in der zu jeder Adresse Anmerkungen eingetragen werden können.
Dann sortieren Sie die Adressen nach den verschiedenen Kriterien und nehmen beispielsweise die ersten 1.000 und die vierten 1.000 Adressen stichprobenweise genauer unter die Lupe.
Jedes dieser 1.000-Adressen-Pakete wird nun folgendermaßen untersucht:
Als Erstes sortieren Sie die Adressen nach Namen und Vornamen unabhängig von der PLZ. Schauen Sie sich die Schreibweise der Namen und Vornamen an und Sie werden schnell feststellen, in welchen unterschiedlichen Schreibweisen eindeutige Namen und Vornamen erfasst worden sind: falsche Groß-/Kleinschreibung. Der Vorname steht im Nachnamenfeld bzw. umgekehrt. Der Firmenname steht im Namensfeld. Es fehlt die Gesellschaftsform.
Danach prüfen Sie, ob die Anrede zum Vornamen passt. Auch der Titel wird regelmäßig falsch in Adressfelder eingegeben. Einmal steht er beim Vornamen, das andere Mal steht er im eigenen Feld, dann wird „Dr.“ neben „Doktor“ und „Prof.“ neben „Professor“ geschrieben und so weiter. Nun sortieren Sie die Adressen nach PLZ, Straße, Namen und Vornamen.
Schnell stellen Sie fest, ob Personendubletten in der Datei enthalten sind oder ob unter derselben Adresse mehrere Familienmitglieder erfasst sind. Sind das nun Oma, Mutter, Tochter? Oder ist das Zufall? Im letzten Schritt prüfen Sie dann, ob alle PLZ fünfstellig sind. Fehlt die führende „Null“ bei den ostdeutschen Adressen (was sich bei einem Excel-Export leider sehr oft einschleicht)? Haben sich evtl. ausländische Adressen eingeschlichen? Sind diese entsprechend gekennzeichnet? Jetzt zählen Sie innerhalb der Pakete die Anzahl der Adressen mit Fehlern. Ist die Fehlerquote höher als zwei bis drei Prozent, sollten Sie umgehend die nachfolgenden Schritte einleiten.
Kleiner Exkurs ins B2B zum Thema Datenqualitätsmanagement:
Sehr oft haben die Adressmodelle von ERP-Systemen, E-Commerce oder anderen Systemen zwei oder drei Felder, die für den Firmennamen gedacht sind. Dies führt in der Regel zu einem gewaltigen Problem: Der erste Teil einer Firma wird im ersten Feld eingetragen, der Zusatz zur Firmenzeichnung im zweiten Feld, der Rest sowie die Rechtsform findet man dann im dritten Feld.
Ist erst einmal ein solcher Firmenname angelegt, dann könnte folgendes passieren: Ein Mitarbeiter prüft bei der Neuanlage, ob diese Firma schon vorhanden ist. Sie/er gibt jedoch den Firmennamen auf andere Weise ein und schon wird dieser vom Dubletten Prüfprogramm nicht gefunden. Die vermeintlich neue Firma wird ein zweites Mal angelegt.
Oder der Interessent/Kunde selbst schreibt sich etwas anders als die bisher im System vorhandene Bezeichnung. in der Verbindung mit E-Commerce, würde diese Firma auch ein weiteres Mal angelegt werden, weil auch hier das Dubletten Prüfprogramm die Dublette meist nicht erkennt. Legt ein Mitarbeiter diese Bezeichnung an, wird im Nachhinein oft argumentiert „der Kunde hat es so gewollt“, also habe ich ihn genauso angelegt.
Zwischenfazit zu B2B-Datenqualitätsmanagement:
Gerade im B2B ist genau an dieser einfachen Stelle oft viel Mist in den Datenbanken. Wir haben in unseren Projekten nicht selten zwischen 6 und 10 verschiedene Schreibweisen als Dubletten gefunden. Und dies kann man durch Schulung und Regeln vermeiden.
Schritt zwei – Adress-Audit
Viele Adressendienstleister bieten ein kostengünstiges Adress-Audit an. Ihre Adressen werden dabei mit unterschiedlichen Referenzdaten abgeglichen. Als Ergebnis erhalten Sie eine Beurteilung darüber, wie gut die gesamten Daten sind. Nach diesem Check sind Sie in der Lage, die notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen gezielter zu steuern. Sie schließen somit das viel zu teure Gießkannenprinzip „alles für alle“ aus.
Tipp aus der Praxis: Senden Sie nicht eine Datei mit allen Adressen zum Check. Teilen Sie Ihre Daten in sinnvolle Gruppen ein und lassen Sie diese getrennt auf Qualität prüfen. Für eine Dublettenprüfung sind natürlich alle auf einmal in sich zu prüfen.
Schritt drei – Daten-Audit
Hier werden mit univariaten bzw. einfachen statistischen Methoden die Inhalte der Variablen analysiert und „Anomalien“, Fehleingaben oder unnötige Ausprägungen aufgezeigt. Mehr dazu – weiter unten im Abschnitt Grundlagen-Know-how Datenqualität.
Schritt vier – Zusammenfassung der Audits und Sichtprüfung
Aus den drei Prüfschritten entsteht ein Summary für die Geschäftsführung. Die Detailanalyse umfasst das Aufzeigen der Schwachstellen und guten Leistungen. Für die Schwachstellen gibt es Empfehlungen a) zur einmaligen Bereinigung und b) zur laufenden Optimierung und Kontrolle.
Ideen für Kennzahlen (KPIs), spezielle Führungsaufgaben, Prozess-Optimierungen oder IT-Unterstützungen runden das Bild ab.
Dies ist die Grundlage für das weitere Vorgehen, Handeln und Steuern.
Schritt fünf – Entscheidung „Selbst machen“ oder „Machen lassen“
Bevor die ganze Prozedur der Bereinigung gestartet werden kann, stellt sich die Frage: Selbst machen oder beim Dienstleister durchführen lassen?
Für „Selbst machen“ spricht ganz klar die Regel: „Adressen gehören in die Kernkompetenz einer jeden Firma, die CRM und Dialogmarketing macht“. Nur bei kleineren Adressbeständen oder in der Anfangsphase kann es bei einem Dienstleister schneller und einfacher gehen.
Mittelfristig sollten Sie die Adressen immer in der Firma bearbeiten. Adressen sind das Kapital einer jeden Firma. Ein Dienstleister (außer er ist ein für diese Branche nachgewiesener Spezialist) kann die Individualität einer Firma nicht abbilden. Dies geht auch einher mit der Schulung der Mitarbeiter. Es werden Regeln erstellt, wie zukünftig Adressen zu erfassen sind beziehungsweise wie die Datenqualifizierung vorgenommen wird.
► Tipp aus der Praxis: Auch internationale Unternehmen sollten das Thema Adressqualität im jeweiligen Land bearbeiten lassen. In der Zentrale liegt oft zu wenig Kenntnis über die regionalen Besonderheiten und Rahmenbedingungen vor.
Schritt sechs – die Einmal- oder Erstbereinigung
Normierung bzw. Standardisierung: Sie bereiten die Adressdaten so auf, dass alle Informationen, die verarbeitet werden können, in die zugehörigen Felder geschrieben werden. Danach überprüfen und korrigieren Sie die Anrede über eine Vornamentabelle und die richtige Anrede. Diese Tabellen gibt es bei verschiedenen Anbietern, auch für viele west- und osteuropäische Länder.
Postalische Bereinigung: Mit den Tabellen von der Post standardisieren Sie die Schreibweisen der Straße, die Ortsbezeichnung und eventuell die Postleitzahl. Bei Adressen, die schon länger (sechs bis zwölf Monate) nicht mehr validiert worden sind, bietet sich eine Umzugsprüfung an. Sie können mit deren Hilfe entsprechend auf die neue Adresse umstellen. Mit einem Abgleich der Daten von Verstorbenen oder insolventen Personen und Firmen können Sie in einem weiteren Schritt Ihre Adressen bereinigen.
Vervollständigung: Mit der richtigen Anschrift ist nun eine Vervollständigung oder Korrektur von Unternehmensbezeichnungen möglich.
Dublettenbereinigung: Nachdem Sie alle notwendigen oder möglichen Korrekturen und Anreicherungen durchgeführt haben, ist der Dublettenabgleich sinnvoll. Sie müssen die Prüfung auf Personen- und Familiendubletten (Business-to-Consumer) sowie Firma und Ansprechpartner (Business-to-Business) durchführen.
Manuelle Korrektur: Der letzte Schritt sind nun die manuellen Korrekturen. Dies ist sicherlich aufwändig, ist jedoch abhängig vom Kundenwert zwingend durchzuführen. Leider erkennt die Software nicht alle Fehler und kann sie somit auch nicht automatisch korrigieren oder bereinigen. Diese „unsicheren Dubletten bzw. Schreibweisen“ werden nun Datensatz für Datensatz von Ihren Fachleuten für Adressqualität durchgesehen, evtl. noch eine Recherche auf Google, dem Impressum oder beim Einwohnermeldeamt durchgeführt und dann entweder mit „korrekt“ bestätigt oder entsprechend korrigiert.
Externe Anreicherung: Erst jetzt können Sie Ihre Adressen mit Telefonnummern, Branchen- oder mikrogeografischen beziehungsweise Lifestyle-Daten anreichern.
Verknüpfungen herstellen: Des Weiteren sollten Sie Verknüpfungen von mehreren Personen aus einer Familie bzw. Firma herstellen. Darüber hinaus empfiehlt die Praxis, bei Firmenadressen Konzernverbindungen herzustellen beziehungsweise Mutter- und Tochtergesellschaften zu verbinden.
Hier noch einmal der komplette Ablauf in einer Übersicht:

Abb. 7.24 Beispiel für Adress- und Datenqualitätskreislauf (Quelle: bdl, 2014)
► Tipp aus der Praxis: Datensätze, die gegeneinander geprüft wurden, sollten markiert werden, dass beim nächsten Mal die gleichen Datensätze nicht noch einmal bearbeitet werden. Dann sollten nur die hinzugekommenen unsicheren Problemfälle wieder geprüft werden.
Jetzt kommt der Dauerlauf: die laufende Bereinigung bzw. nachhaltiges Datenqualitätsmanagement
Alle oben genannten Prüfschritte der Erst- oder Einmalbereinigung sind natürlich innerhalb der laufenden Prozesse immer wieder, regelmäßig durchzuführen. In Firmen, bei denen sehr viele Beteiligte die Adressen anfassen und eventuell korrigieren, ist ein laufendes Qualitätsmanagement notwendig. Genauso verhält es sich, wenn es Webshops oder andere Internet-Erfassungsquellen (Newsletter etc.) gibt, in denen sich die Kunden selbst erfassen.
Zusätzlich sollte der Kunde bei jedem Kontakt, in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal pro Jahr nach möglichen Änderungen gefragt werden, oder er erhält ein Schreiben beziehungsweise eine E-Mail mit personalisierter Landeseite und der Aufforderung, die unvollständige Adresse bitte zu korrigieren. Ein Response-Anreiz für mehr Aufmerksamkeit bzw. Rücklauf ist zu empfehlen.
Es geht im Grundsatz um Vermeidung von a) typischen Fehlern, b) unzureichender Datenqualität, c) unnötigen Kosten und somit dem Erreichen von hoher Qualität.
Schlussbemerkung zum Thema operatives Data Quality Management (DQM) und besseren Adressqualität:
Je nach Adressmenge und Qualität/Zustand der notwendigen Adressen kann eine Erstbereinigung zwischen drei und neun Monaten dauern. Die Kosten sind natürlich sehr unterschiedlich. Das hängt zum Beispiel von der eingesetzten Software ab und davon, wie hoch der manuelle Nachbearbeitungsaufwand ist und wie häufig im laufenden Geschäft die Adressen überprüft werden müssen. Firmen, die jeden Monat ein Mailing an die Mehrheit ihrer Kunden senden, haben andere Prozesse als Firmen, die nur vier Mailings im Jahr an eine ausgewählte Zielgruppe senden. Es gilt, ein ausreichend großes Budget für die anfängliche externe Unterstützung, für Software sowie für die Validierung und die manuelle Pflege zur Verfügung zu stellen.
Wundern Sie sich bitte nicht, wenn Ihre Bank bei der nächsten Kreditanfrage diesen Aspekt „Wie gut sind Ihre Adressen?“ prüft.
Perfektes Adressmanagement ist die notwendige Grundlage für Ihren zukünftigen Erfolg und somit eine der wichtigsten Aufgaben in jeder Unternehmung – unabhängig davon, ob es sich nur um 500 oder um fünf Millionen Adressen handelt. Gelohnt haben sich diese gezielten Bereinigungen und Qualitätsmaßnahmen meist nach sechs – spätestens nach zwölf Monaten.