Eine Evergreen-Frage ist das. Seit Jahren streiten sich die Fachleute über die Deutungshoheit dieses Themas. Was ist besser, eine Ansammlung von Top-Tools oder alles von einem Anbieter auf einer Plattform? Nein, wir sprechen nicht von Shakespeares „to be or not to be“, sondern BoB oder AiO. Wobei die Diskussion durchaus auch Züge von „Sein oder Nichtsein“ annimmt.
Was bedeuten diese beiden Anglizismen BoB oder AiO?
Best of Breed-Lösungen, auch als Best of Suite oder Best of Class bekannt, beziehen sich auf einzelne Produkte, die speziell für die jeweiligen Anforderungen des Unternehmens ausgewählt werden. Im Gegensatz dazu bieten All-in-one-Lösungen einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem mehrere Funktionen in einem einzigen Produkt kombiniert werden. Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile.
Best-of-Breed-Lösungen bieten ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens. Da jedes System speziell für die jeweiligen Anforderungen ausgewählt wird, können Unternehmen die Softwarelösungen nutzen, die ihnen am besten gefallen. Allerdings kann der Prozess der Auswahl und Integration der einzelnen Lösungen eine beträchtliche Menge an Zeit und Ressourcen erfordern.
All-in-one-Lösungen bieten einem Unternehmen eine komplett integrierte, aus vielen Anwendungen (Apps) zusammengestellte Lösung, meist ohne Schnittstellen mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche. Dies ermöglicht es den Unternehmen, eine einzige Softwarelösung zu nutzen, anstatt mehrere zu kaufen und zu integrieren. Allerdings können All-in-one-Lösungen im Vergleich zu Best of Breed-Lösungen weniger flexibel sein, da sie nicht so leicht an die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden können. Wobei das mit den modernen Möglichkeiten von „No Code“ bzw. „Low Code“ durchaus sehr gut möglich ist.
Ein kleines Zwischenfazit
Ob ein Unternehmen eine Best-of-Breed- oder eine All-in-one-Lösung wählt, hängt von der spezifischen Situation ab. Wenn es sehr spezifische Anforderungen hat, die nur durch eine Best of Breed-Lösung erfüllt werden können, ist dies die beste Wahl. Wenn die Anforderungen jedoch nicht so spezifisch sind und sich die Lösung schnell implementieren lassen muss, ist eine All-in-one-Lösung meist die bessere Entscheidung.
Der Zug für Best-of-Breed ist abgefahren – das Ende naht
Dieser kernige Satz, wen wundert es, kommt aus dem Hause Oracle. Rob Tarkoff, Oracle EVP und General Manager der CX-Suite, ist ähnlich, wie sein Chef Larry Ellison, klar in den Worten und scharf in der Botschaft. Nach ein paar Monaten des Aufräumens ist nun wieder Attacke angesagt.
In einem Interview mit MarTech.Org sagt er sinngemäß klar: Wer noch auf Best-of-Breed setzt, reitet (so würde ich in meinen Worten Rob übersetzen) ein totes Pferd. „Marketers don’t need more standalone tools, they need a platform“. Das ist zwar eine kleine Abkehr der früheren Oracle-Strategie, aber in den letzten 7-8 Jahren hat sich auch viel getan. Neue Oracle-Insights zeigen, dass die Mannschaft intern Vieles selbst entwickelt hat (“We’ve written a lot of code over the past few years,”). Zugekaufte Tools können damit langsam abgelöst und durch die Oracle-Plattform ersetzt werden.
Es ist also viel passiert.
App marketplaces don’t solve the problem!
Auch die Aussage zu den großen App-Marketplaces von z. B. Salesforce und Hubspot sind durchaus nachdenkenswert. „App marketplaces don’t solve the problem“ oder „Simplicity and efficiency are his watchwords”. “I haven’t seen a model where having an app marketplace actually improves the effectiveness of marketers. It sounds good on paper. We want people to see the power of the unified suite. It doesn’t mean that we’re closed; it means we’re complete.” Im Ergebnis sagte er eines, was ich 100 % unterstütze: „Make it simpler“.
Wer das ganze Interview lesen möchte, kann das über den Link tun, ja sollte es machen.
Mein Fazit ist folgendes
Die Zukäufe von Oracle haben einerseits Kunden, aber auch Probleme mitgebracht. Das ist immer so. Das sieht man auch bei Salesforce mit Slack, Tableau etc. Aber, und das ist das Wichtigste, siehe das Stichwort von oben im Text „We’ve written a lot of code …“, Oracle fokussiert sich auf die „großen Fische“ und will besser sein als die Konkurrenz.
Gerade deshalb kann ich der Aussage von Rob zu den App-Marketplaces, dass sie das Problem nicht lösen, dieses Problem nur auf Kundenseite verschieben, viel abgewinnen. Das ist dann doch schnell Frickelei, die nerven kann. Kleine Unternehmen haben diesen Nerv, sprich Kapazitäten und Know-how, nicht.
Eine andere Sache, die wir verfolgen und prüfen werden: Oracle könnte mit dieser Strategie in der Lage sein, das komplette Paket aus CRM, CX, ERP, SCM, HRM etc. aus der Cloud, auf einer Plattform und „seemless“ anzubieten.
Wir dürfen also gespannt sein, wie Oracle den Worten Taten folgen lässt. Ich freue mich drauf.