Mensch und MarTech bzw. Technologie:
Geht der Mensch mit MarTech bzw. Technologie innerhalb des Customer Relationship Managements eine sinnvolle Verbindung ein?
Nach der Keynote von Scott Brinker sowie einem ersten Vortrag aus der Praxis von Monique Bonner folgte der Vortrag von Shiva Mirhosseini von Aetna. Der Titel: „The inevitable convergence of marketing & sales technology“. Daher war ihr Vortrag ein wunderbarer Kontrapunkt zur ganzen Diskussion der Technologie-Gläubigkeit im Rahmen von Customer Relationship Management. Der Titel – frei übersetzt – könnte bedeuten: Das unvermeidliche Zusammenraufen mit der Marketing-&-Sales-Technologie. Shiva von aetna setzt somit einen Kontrapunkt zum Konferenz-Schwerpunkt „Automatisierung“.
Statt automatisierte Transaktion und digitale Transformation fordert sie mehr menschliche Interaktionen. Am Beispiel ihres mittlerweile alten Großvaters demonstrierte sie ihre Begründung. Er kann mit der hochperformanten Technik nichts anfangen. Er braucht es einfach, übersichtlich und nicht zu viel.
„You know Shiva, I don’t quite care about all those reminder emails you guys send me. I’d much rather have all the information I need and much rather talk to a friendly rep. I’d much rather know that my heart can keep up with my spirit.“
Die vielen Beispiele, die sie erwähnte, zeigen eines: Die Mehrheit der Kampagnen innerhalb des Customer Relationship Managements sind nicht relevant für die Empfänger. Die am Touchpoint angebotene Technik überfordert die Kunden. Die Botschaften zielen mehr oder weniger vorbei.
Was mich am meisten begeisterte, war ein Zahlenvergleich von ihr.
Diese sehr spannende Darstellung zeigte Folgendes:
- 30 % durchschnittliches Wachstum weist der Branchenprimus Salesforce in den vergangenen Jahren aus.
- 10 % durchschnittliches Wachstum haben die Firmen, die dem Index Nasdaq angehören.
- Nur 2,5 % durchschnittliches Wachstum weisen die typischen Anwender-Unternehmen im S&P 500 auf. Und das, obwohl genau diese Firmen Millionen, ja Mrd. Dollar in MarTech- und CRM-Software investiert haben. Und, obwohl, zumindest teilweise, ein enormes Wachstum durch den Software-Einsatz versprochen oder in Aussicht gestellt wurde.
Zwischenfazit: Da stinkt etwas gewaltig zum Himmel. Da stimmt einiges nicht. Ein Missverhältnis, ein Irrglaube oder „a Fool with a Tool, remains a Fool“.
Sie stellte die Frage nicht, aber subtil dachte jeder im Saal daran: Wie viele der S&P-500-Unternehmen haben Salesforce, Microsoft, Oracle/Siebel oder SAP im Einsatz? Und wie viel Nutzen hat die Software tatsächlich gebracht?
Im Umkehrschluss bedeutet das:
- Die Unternehmen führen nach wie vor eine Customer-Relationship-Management-Software ein, um der Software willen.
- Die Software-Anbieter haben es noch nicht geschafft, mehr als nur eine Software einzuführen.
- Die Anwender-Unternehmen beschäftigen sich nach wie vor zu stark mit sich selbst anstatt mit dem Kunden.
Shiva bringt es in ihrer Zusammenfassung auf den Punkt:
Was braucht ein erfolgreiches Unternehmen? Voraussetzung sind u. a.:
- A Customer obsessed Vision Am Beispiel von aetna, deren Slogan ist: You dont‘t join us, we join you!
- A Customer obsessed Team (Mein Kommentar: und auch Prozess obsessed Teams)
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- Von MarTech Spezialisten zu kundenorientierten Evangelisten
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- 600 Websites hatte aetna, inzwischen sind davon 250 gelöscht, und die Reduktion geht weiter.
- Customer obsessed metrics Keine Sales-, Marketing- oder sonstigen Silo-Ziele, sondern Customer Success als Ziel, wie z. B. Retention Rate, NPS, Wachstum, Kundenwert etc.
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- Der Kunde muss sich nicht an aetna anpassen, sondern sie versuchen sich immer mehr dem Kunden anzupassen.
- Zum Schluss das Anspruchsvollste: A Customer obsessed culture. Nicht fragen, was kann MarTech für mich als User bringen, sondern, was bringt MarTech dem Kunden!
Fazit
1. We should do the hard work, so our customers don’t have to.
Erst dann verdient Customer Relationship Management auch seinen Namen und MarTech bringt einen realen Nutzen.
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